sueddeutsche.de | 23.04.2025 14:48 Weblink Energiepreise Wie der CO-Preis das Leben verteuern kann Bald steigen die Kosten für Autofahren und Heizen deutlich. Nur wissen das viele Menschen noch gar nicht. Dabei geht es um Tausende Euro im Jahr – zumindest, wenn die Politik nicht gegensteuert. Von Nakissa Salavati Es gibt Dinge, die man lieber gar nicht wissen will. Vielleicht lässt sich so er- klären, dass sich die meisten Menschen noch nicht damit auseinandergesetzt haben, wie sich ihr bisheriges Leben in zwei Jahren verändern könnte. Dann nämlich sollen fossile Energien deut- lich teurer werden. Alles, was bisher für den überwiegenden Teil der Bürgerin- nen und Bürger noch selbstverständlich ist – Verbrenner fahren, mit Erdöl oder Erdgas heizen –, soll dann nicht mehr ganz so selbstverständlich sein. Das liegt nicht am Heizungsgesetz oder an Verboten, möglich macht das viel- mehr der CO-Preis für den Verkehr- und Gebäudebereich. Es gibt ihn be- reits, er wird von 2027 an aber voraus- sichtlich deutlich steigen. Diese Beprei- sung der Emissionen soll als Anreiz wir- ken, damit Menschen ihr Verhalten än- dern. Besonders die Union, die Verbo- te für mehr Klimaschutz ablehnt, setzt auf diese Lenkungswirkung. Noch im- mer entsteht ein wesentlicher Anteil der klimaschädlichen Emissionen hier- zulande wegen konventioneller Mobi- lität und Heizanlagen. Jede Bundesre- gierung ist gesetzlich dazu verpflichtet, das zu ändern. Es muss also etwas passieren. Nur was das genau für einen selbst bedeutet, können offenbar die wenigsten Men- schen in Deutschland abschätzen. Eine repräsentative Noch ist der Preis pro ausgestoßener Tonne CO für den Gebäude- und Ver- kehrsbereich auf 55 Euro festgelegt. Von 2027 an soll er sich dann über einen europäischen Zertifikatehandel und da- mit über Angebot und Nachfrage bil- den. Deswegen lässt sich der künftige Preis auch in Studien nur schätzen, ent- sprechend schwer ist es für Bürgerinnen und Bürger, die Konsequenzen zu erfas- sen. Dabei ist eine Orientierung wich- tig, um Entscheidungen über Investi- tionen wie Pkw oder Heizungsanlagen treffen zu können. Dass die Menschen ein Gefühl für die Mehrkosten fossi- ler Energien entwickeln, liegt zwar im Interesse von Aira, dem Unternehmen für klimafreundliches Heizen hinter der Umfrage. Die Ergebnisse bestätigen al- lerdings, worauf andere immer wieder hinweisen, etwa der Dabei zeigen Studien mögliche Konse- quenzen bereits eindrücklich auf. Eine Auswertung des Mercator-Forschungs- instituts (MCC) etwa berechnet die Er- höhungen, die sich mit entsprechend hohem CO-Preis ergeben könnten: Der Liter Benzin oder Diesel könnte 2045 dann knapp drei Euro kosten – oder auch mehr. Bereits 2027 wäre ein Sprung auf etwa 2,20 Euro für Benzin möglich – Preise, wie man sie von der Energiekrise kennt. Ähnlich beim Heizen: Heizöl würde ähn- lich teuer oder teurer als in der Energie- krise werden. Die Erdgaspreise könnten doppelt so hoch werden wie vor dem Frühjahr 2022. Konkret wären das für einzelne Haus- halte enorme Belastungen: Rentner und Familien auf dem Land mit Gashei- zung hätten in den kommenden 20 Jah- ren etwa 15 300 bis 16 800 Euro Mehr- kosten. Mit einer Ölheizung wären es sogar bis zu 23 500 Euro. Für Haushal- te in der Stadt sind die Zahlen wegen kleinerer Wohnfläche etwas niedriger. Pro Verbrenner-Auto kämen für Rent- ner CO-Kosten von etwa 7000 und für Familien von 12 000 Euro hinzu. Zahlen wie diese geben zunächst Ori- entierung, mehr nicht. Die Studie ver- weist darauf, dass diese drastischen Er- höhungen nur zustande kämen, wenn der CO-Preis die einzige Maßnahme der Politik ist, die Klimaziele zu errei- chen. Wird die Regierung vorher tä- tig, indem sie etwa die Wärmepum- pe weiter fördert, Flottenziele für Au- tohersteller beibehält oder Strom ver- billigt, sinken die Emissionen, folglich auch die Nachfrage nach CO-Zertifika- ten und entsprechend die Preise. Die Förderung klimafreundlicher Heizanla- gen will die künftige Regierung aus Uni- on und SPD laut Koalitionsvertrag zu- mindest erhalten, auch die Strompreise will sie deutlich senken. Damit der CO-Preis nicht zum sozia- len Problem wird, könnte die Politik gegensteuern. Die Ampelkoalition hat- te als Ausgleich ein Klimageld geplant, das aus den Einnahmen des CO-Prei- ses zum Beispiel als eine Pro-Kopf-Pau- schale hätte ausgezahlt werden kön- nen. Nur eingeführt hat sie es nie. Es gibt längst Vorschläge, wie eine Kom- pensation im Detail ausgestaltet sein sollte, ohne dass der CO-Preis seine Wirkung verfehlt. Union und SPD er- wähnen das Klimageld im Koalitions- vertrag nicht und setzen hauptsächlich auf niedrige Strompreise. Davon pro- fitieren allerdings ebenfalls besonders ©2025 PMG Presse-Monitor GmbH & Co. KG 1/2 Haushalte, die ihren Verbrauch umstel- len können. Der CO-Preis könnte also schmerzen, und das soll er bis zu einem gewis- sen Grad auch; nur dann ist er ein An- reiz, in alternative Technologien zu in- vestieren. In der Studie findet sich da- zu ein Beispiel: Nimmt man an, dass die Herstellungskosten der Wärmepumpen sinken und auch die Montage etwas günstiger wird, wären die Investitions- kosten für einen Haushalt allein da- durch gedeckt, dass man den CO-Preis vermeidet. Die Anreize wirken „ähnlich wie Förderzuschüsse in vier- bis fünf- stelliger Höhe je Haushalt“, heißt es in der Studie. Aber es kommt, wie im- mer, aufs Gleichgewicht an. Für Inves- titionen wie Wärmepumpen entschei- den sich trotz zusätzlicher Förderung vor allem Menschen mit höherem Ein- kommen oder Vermögen. Für andere ist der Umstieg auf klimafreundliches Hei- zen und emissionsarme Mobilität viel schwieriger. Wer wenig oder ein mittle- res Einkommen hat, wird die Preise da- her besonders spüren. Dabei hat die künftige Regierung einen großen Vorteil: Anders als in der En- ergiekrise kommt die Belastung nicht plötzlich. Es wäre noch Zeit, sich vorzu- bereiten. Wörter: 799 Autor/-in: Nakissa Salavati Ressort: Wirtschaft Medienkanal: ONLINE Mediengattung: Online News Medientyp: ONLINEMEDIEN Jahrgang: 2025 Ausgabe: Einzelausgabe Visits (VpD): 1.500.562 1 Unique Users (UUpD): 393.000 2 Weblink: https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/energiekosten-verbraucher-deutschland-co2-preis-teuer-li.3238581 Urheberinformation: DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München 1 von PMG gewichtet 10-2024 2 gerundet agma ddf Ø-Tag 2023-03 vom 21.04.2023, Gesamtbevölkerung 16+ Abbildung: Noch immer entsteht ein wesentlicher Anteil der klimaschädlichen Emissionen hierzulande wegen konventioneller Mobilität und Heizanlagen. Peter Klaunzer/picture alliance/dpa/KEYSTONE ©2025 PMG Presse-Monitor GmbH & Co. KG 2/2